Jeden Morgen das gleiche Spiel: Der Wecker hat längst geklingelt und Sie stürmen zum vierten oder fünften Mal ins Zimmer Ihres Kindes, weil es keine oder nur halbherzige Anstalten macht, sein Bett zu verlassen. Für das Frühstück bleibt kaum noch Zeit und bald wird sich der nächste Lehrer über das ständige Zuspätkommen Ihres Sprösslings beschweren.
Seitens renommierter Wissenschaftler heißt es, dass es von Natur aus Frühaufsteher und Langschläfer gibt. Dies ist genetisch bedingt und hat nichts mit Faulheit zu tun. Langschläfer finden erst spät am Tag zu ihrer Höchstform – dafür können sie bis in die späten Abendstunden hinein konzentriert und effektiv arbeiten. Leider halten sich weder Ihre Arbeitszeiten noch die Schulzeiten Ihres Kindes an diese Erkenntnisse. Die Forderung, die Schule erst später beginnen zu lassen, weil Kinder so früh morgens vielfach noch nicht leistungsfähig seien, wurde bereits gestellt – jedoch gibt es keine Aussicht auf Änderung. So bleibt gestressten Eltern nichts anderes übrig, als nach einer Lösung für das „Langschläfer-Problem“ ihrer Kinder zu suchen.
Etablieren Sie „Einschlaf-Rituale“
Kinder, die morgens schwer aus dem Bett kommen, sind zum Leidwesen der Eltern auch immer diejenigen, die abends nicht schlafen gehen bzw. noch lange lesen oder fernsehen wollen. Logisch, dass sie dann nicht ausgeschlafen sind, wenn es ans Aufstehen geht. Ihre innere Uhr ist eben anders gepolt. Versuchen Sie, bestimmte Zubettgeh-Rituale zu etablieren. Das könnte je nach Alter der Kinder zum Beispiel ein warmer Kakao, eine Gute-Nacht-Geschichte, ein Abendspaziergang oder ein gemeinsames Gespräch über die Ereignisse des Tages sein. Schlagen Sie Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter vor, ein Tagebuch zu führen. Was man sich „von der Seele schreibt“, hindert einen nicht mehr so sehr daran, abends zur Ruhe zu kommen. Manchen Kindern oder Jugendlichen hilft eine Hörspielkassette oder Musik beim Einschlafen. Achten Sie darauf, dass die Zubettgeh- und Aufstehzeiten am Wochenende sich nicht wesentlich von denen unter der Woche unterscheiden. Dann ist die Umstellung am Montagmorgen nicht allzu groß. Dass die Hausaufgaben bereits in Ruhe am Vortag und nicht erst morgens „halb im Stehen“ erledigt werden, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Achten Sie darauf, dass die Schultasche abends schon gepackt ist. So sparen Sie wertvolle Zeit am Morgen.
Übertragen Sie Verantwortung für rechtzeitiges Aufstehen
Doch trotz aller Kniffe und Tricks am Vorabend bleibt das Aus-dem-Bett-Kommen am frühen Morgen häufig ein Problem. Verständlich, dass es Ihnen lästig ist, mehrfach in das Zimmer Ihres Kindes zu gehen, um es zum Aufstehen zu ermahnen. Zumal es meist nur geringe Wirkung zeigt. Hat man es geschafft und der Sprössling ist endlich ins Badezimmer geschlurft, geht der Stress weiter: „Beeil dich!“, „Schlaf nicht ein beim Zähneputzen!“ und „Das Frühstück ist fertig, komm schnell, du hast nur noch fünf Minuten!“ – das sind Sätze, die genervte Eltern nahezu automatisch in regelmäßigen Abständen ausrufen. Schluss damit: In erster Linie sind nicht Sie, sondern ist Ihr Sohn oder Ihre Tochter selbst dafür verantwortlich, dass er oder sie rechtzeitig aufsteht und pünktlich in der Schule erscheint. Es klingt paradox, aber es ist so: Sobald sie sich nicht mehr dafür verantwortlich fühlen und sich dementsprechend verhalten, wird sich das Problem in Luft auflösen. Seien Sie konsequent und hören Sie auf mit den ständigen Weckversuchen, Erinnerungen und Ermahnungen. Ersparen Sie sich diesen Stress, er ist überflüssig und beseitigt das Problem nicht. Die Erklärung: Ihr Kind hat gar keinen Grund, darauf zu achten, dass es aufsteht und sich beeilt, um pünktlich zu sein. Wieso auch? Sie tun es doch schon. Am Panikgrad Ihrer Stimme kann die Uhrzeit nahezu minutengenau abgelesen werden, also warum vorher aufstehen, wenn „kurz vor knapp“ auch noch reicht? Hören Sie also auf damit. Machen Sie Ihren Standpunkt in einem Gespräch klar, damit Ihr Sohn oder Ihre Tochter erkennt, dass die Verantwortung in Zukunft bei ihm bzw. ihr selbst liegt. Wer nämlich weiß, dass nach dem Weckerklingeln keine Mama und kein Papa mehr ins Zimmer kommen und ans Aufstehen erinnern, der wird sich nicht sorglos noch einmal umdrehen und darauf vertrauen, dass er schon wachgerüttelt wird. Wer nicht ständig zur Eile angetrieben wird, schaut öfter auf die Uhr und lernt selbst, sich morgens seine Zeit einzuteilen. Versuchen Sie’s – es wird sich für alle Beteiligten lohnen.
Tipps: Vermeiden Sie Stress am Morgen
- Sorgen Sie durch die Etablierung von Zubettgeh-Ritualen für ein einfacheres Einschlafen.
- Achten Sie darauf, dass die Schultasche bereits am Vortag gepackt wird.
- Ein gemeinsames fröhliches Familienfrühstück kann zum Aufstehen animieren.
- Geben Sie Ihrem Kind die Verantwortung dafür, dass es rechtzeitig aufsteht. So sparen Sie sich jede Menge unnötigen Stress!
Katharina Böttges hat Psychologie und Soziologie studiert, und arbeitet als freie Autorin in München. Praxiserfahrungen hat sie während jahrelanger Arbeit mit Schülern aller Klassenstufen gesammelt.