Hilfe, mein Kind schwänzt die Schule!

Hilfe, mein Kind schwänzt die Schule!

Bleibt ein Schüler regelmäßig und unentschuldigt dem Unterricht fern – sei es ausPrüfungsangst, Langeweile oder Abenteuerlust – ist dies keine Bagatelle. Wer schwänzt, verstößt gegen die Schulpflicht und riskiert eine Strafe. Was sind die Gründe fürs Blaumachen? Wann sollten bei Eltern die Alarmglocken klingeln? Und was können Sie tun, um Ihr Kind zurück ins Klassenzimmer zu bewegen?

Lieber ausschlafen als Algebra in der ersten Stunde, statt der Englisch-Ex ins Café um die Ecke oder einfach null Bock auf zwei Stunden Sport am späten Nachmittag – selbst der vorbildlichste Schüler hat wohl schon öfter nicht nur theoretisch mit dem Gedanken gespielt, sich eigenmächtig eine Auszeit vom Unterricht zu nehmen.

Wissenslücken werden größer, die Motivation wird immer geringer

Was relativ harmlos und stundenweise beginnt, kann sich jedoch schnell zu einem schwerwiegenden Problem steigern: Der versäumte Stoff wird aus Unlust oder Zeitmangel nicht nachgeholt, Wissenslücken entstehen. Der Schüler kann demUnterricht irgendwann nicht mehr folgen, ist entmutigt – und bleibt schließlich ganz weg. 

Rund eine halbe Million Schüler schwänzt Schätzungen zufolge regelmäßig die Schule. Eine Studie mit dem Titel „Man nennt sie Schulschwänzer“ des Deutschen Jugendinstituts in München vom Oktober 2005 besagt, dass der Großteil der Drückeberger sehr jung ist, nämlich zwischen zwölf und 14 Jahren.

Geldstrafen und Sozialdienst drohen

Beliebte Treffpunkte der Blaumacher sind Spielhallen oder die Medienabteilungen von Kaufhäusern, wo sie sich mit Games und Fernsehen die Zeit vertreiben können. Polizisten halten dort mittlerweile gezielt Ausschau nach Schwänzern, bringen sie in die Schulen zurück und informieren Lehrer und Eltern. 

Je nach Bundesland drohen Bußgeldbescheide für die Eltern und Sozialdienst für die Schulverweigerer. Notorische Schwänzer riskieren außerdem, dass ihre Leistungen nicht anerkannt werden und sie das Schuljahr wiederholen müssen.

Was sind die Ursachen für den Schulboykott?

Immer häufiger werden Schüler mit dem ständig steigenden Leistungsdruck nicht mehr fertig, leiden unter massiver Prüfungs- und Schulangst. Auch Mobbing ist oft ein Grund dafür, dass Kinder und Jugendliche dem Unterricht fernbleiben. Viele Schwänzer haben familiäre Probleme: Gewalt, Streit, Alkohol- und Drogenkonsum, Vernachlässigung, schlechte Wohnverhältnisse, Armut und fehlende Aufmerksamkeit im Elternhaus können Ursachen für die Schulverweigerung sein.

Alarmsignale für die Eltern

Folgende Anzeichen können für Eltern ein Hinweis dafür sein, dass ihr Nachwuchs den Unterrichtschwänzt:

  • Das Kind erzählt nichts mehr von der Schule.
  • Es legt den Eltern keine HausaufgabenNoten oder Briefe aus der Schule vor.
  • Das Verlassen des Hauses wird jeden Morgen weiter hinausgezögert.
  • Fragen nach Schule und Unterricht ignoriert das Kind.
  • Das Kind entwickelt sich zum Außenseiter.
  • Immer häufiger schützt es Krankheiten wie Kopf- oder Bauchschmerzen vor.
  • Offenkundige Probleme mit Mitschülern oder Lehrern tauchen auf.
  • Das Kind verkehrt in einem Freundeskreis, in dem auch andere Kinder regelmäßig schwänzen.

Was können Eltern tun?

Eltern reagieren oftmals entsetzt, hilflos oder aber mit Restriktionen wie Hausarrest, Taschengeldentzug oder sogar Schlägen auf das Verhalten ihrer Kinder. Damit erreichen sie bei notorischen Schwänzern in der Regel jedoch genau das Gegenteil. Der erste und wichtigste Schritt, wenn Eltern das Blaumachen bemerken, ist die direkte Konfrontation:

  • Beide Elternteile müssen in ruhiger Atmosphäre ein ernsthaftes Gespräch mit ihrem Kind führen und versuchen, herauszufinden, wo der Schuh drückt.
  • Ein Termin mit dem Klassenlehrer gibt Aufschluss darüber, wie es schulisch um das Kind steht.
  • Sinnvoll ist ein Gespräch zwischen Kind, Eltern und Lehrer. Das kann neben dem Klassen- auch ein Beratungslehrer oder ein Schulpsychologe sein.
  • Alle Beteiligten müssen das Problem offensiv angehen und das Kind schnellstmöglich wieder zum Schulbesuch zwingen. Je länger es fehlt, desto schwieriger ist der Wiedereinstieg.
  • Alle Fehltage sollten nachgeholt werden. Eltern müssen außerdem überwachen, dass das Kind den versäumten Stoff aufarbeitet.

Auf Warum-Fragen verzichten

Während der klärenden Aussprache sind Eltern gut beraten, auf Warum-Fragen zu verzichten. Damit treiben sie das Kind leicht in die Defensive. Es wird dann eher sein Verhalten rechtfertigen, als die wirklichen Gründe für den Schulboykott zu verraten. 

Ein Leitfaden, wie Eltern die Aussprache gestalten können:

  • Gibt es etwas, worüber du dir Sorgen machst?
  • Fühlst du dich manchmal unwohl?
  • Wie findest du deine Lehrer?
  • Wie verstehst du dich mit deinen Mitschülern?
  • Gibt es in der Schule oder auch zu Hause etwas, das dir Angst macht oder Sorgen bereitet?


Steckt eine Angstproblematik (z. B. Angst vor einem bestimmten Schulfach oder Angst, die Wohnung zu verlassen) hinter dem Schwänzen, ist es sinnvoll, einen Kinderarzt, Psychotherapeuten oder eine Erziehungsberatungsstelle aufzuzuschen. In schwerwiegenden Fällen, wie etwa bei massivem Mobbing, kann ein Schulwechsel – an eine andere Schule der gleichen Schulform oder auch an eine Schule mit niedrigeren oder höheren Anforderungen – dem Kind einen erfolgreichen Neustart ermöglichen.

Christine Kubisa

Die Diplom-Übersetzerin und ausgebildete Filmredakteurin Christine Kubisa lebt als freie Autorin in München. Ihre vierjährige Tochter kommt dank des englischen Vaters in den Genuss einer zweisprachigen Erziehung.

 


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