Das multimediale Angebot für Kinder und Jugendliche nimmt stetig zu: Fast wöchentlich kommen neue Computerspiele auf den Markt. Der Nintendo DS lite hat die Gameboys abgelöst. Playstation-Spiele suggerieren Bewegung. Chatrooms im Internet laden zum virtuellen Treffen mit „Freunden“ ein. Kein Wunder, dass immer mehr Schüler immer länger vor den Bildschirmen sitzen.
Schüler, die in ihrem eigenen Zimmer einen Fernseher oder Computer haben und mit diesen Medien viel Zeit verbringen, sind häufiger übergewichtig und weisen schlechtere Noten auf. Das belegt eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, das seit zwei Jahren 1000 Berliner Kinder bis zu ihrem 16. Lebensjahr begleitet.
Außerdem wirkt sich die Qualität der Computerspiele auf die Konzentrationsfähigkeit aus: So fanden die niedersächsischen Forscher heraus, dass Jugendliche, die vor einem Mathematiktest beispielsweise Tischtennis spielten, um 50 % besser abschnitten als solche, die sich vor dem Test mit einem brutalen Computerspiel beschäftigten. „Sehr gewalthaltige Computerspiele haben eine problematische Wirkung auf Schulleistungen, weil die emotionale Wucht der Spiele die Kinder massiv belastet: Was sie vorher gelernt haben, droht im Kurzzeitgedächtnis vergessen zu werden. Und im Anschluss an das Computerspiel braucht das Kind lange, um sich wieder konzentrieren zu können“, so resümiert Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, das Ergebnis.
Sorgen Sie vor
Natürlich können Sie Ihr Kind kaum von Computerspielen, Chats oder Spielkonsolen fernhalten. Dies kann dazu führen, dass
- Ihr Sohn oder Ihre Tochter heimlich und unkontrolliert bei anderen Kindern spielt
- oder Ihr Kind solch einen starken Wunsch danach aufbaut, dass Sie genau das Gegenteil von dem erreichen, was Sie eigentlich wollten.
Regeln Sie stattdessen von Anfang an klar den Umgang mit den elektronischen Medien:
- Achten Sie schon bei ganz kleinen Kindern genau darauf, dass es nur so lange spielt, wie Sie es für richtig halten.
- Schließen Sie mit älteren Kindern einen schriftlichen Vertrag, der eindeutig sowohl die zeitliche Nutzung als auch Ihre Sanktionen bei Missbrauch regelt. Gestehen Sie Ihrem Kind jedoch auch Ausnahmen zu (z.B. lange Autofahrten).
Lassen Sie sich die Spiele und Chatrooms Ihrer Kinder zeigen und erklären. Je mehr echtes Interesse Sie für das multimediale Treiben Ihres Kindes zeigen, umso offener können Sie mit ihm über die jeweiligen positiven und negativen Seiten diskutieren. Dadurch wird auch Ihr Kind sensibler für die Probleme, die die elektronische Unterhaltung mit sich bringen kann.
Sorgen Sie für Abwechslung am Nachmittag
Die Neigung, Computer zu spielen, ist dann am größten, wenn Ihr Kind keine alternativen Beschäftigungsangebote für sich sieht. Ermuntern Sie Ihren Sohn oder Ihre Tochter daher so früh als möglich dazu,
- in Vereinen oder mit anderen Kindern Sport zu treiben,
- sich handwerklich zu betätigen,
- sich kreativ mit verschiedenen Materialien zu beschäftigen,
- sich selbst um kleinere Reparaturen (z.B. am Fahrrad) zu kümmern,
- sich für das Erlernen eines Musikinstruments zu interessieren.
Nehmen aber auch Sie sich die Zeit, um mit Ihrem Kind etwas zu unternehmen, sich sportlich zu betätigen oder etwas zu spielen. Und zeigen Sie sich selbst vorbildhaft: Nur wenn Sie Ihren Medienkonsum im Griff haben, können Sie dies auch von Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter erwarten.
Setzen Sie auf Kooperation statt auf Konfrontation
Sollte Ihr Kind zu exzessivem Spiel mit den elektronischen Medien oder zum exzessiven Chatten neigen, dann schränken Sie dies nicht radikal ein, wenn die Schulleistungen sinken. Suchen Sie stattdessen in aller Ruhe das Gespräch mit Ihrem Kind. Halten Sie sich dabei vor Augen, dass kein Kind freiwillig schlechte Schulleistungen zeigen möchte:
- Legen Sie dar, warum es Ihnen wichtig ist, dass Ihr Kind seine Noten zügig verbessert. Greifen Sie Ihr Kind dabei auf keine Fall persönlich an, sondern bleiben Sie sachlich. Unter Umständen führen Sie ihm so Sichtweisen vor Augen, über die es bisher nicht nachgedacht hat.
- Hören Sie sich anschließend an, was Ihr Kind als Ursache für sein Absinken sieht und wie es dazu steht.
- Fordern Sie Ihr Kind auf, gemeinsam mit Ihnen einen Weg (z.B. gemeinsames Lernen oder Nachhilfe) zu finden, wie es seine Noten zukünftig wieder verbessern kann.
Gehen Sie auf die Vorschläge Ihres Kindes ein und entwickeln Sie gemeinsam eine Lösung, die sowohl Ihren Wunsch – alle Schulsachen erledigen, dann Freizeitvergnügen wie Computerspiele – als auch den Ihres Kindes (z.B. nicht nur lernen, sondern auch Freunde treffen, Sport treiben) berücksichtigt.
Jutta Gröschl
Dr. Jutta Gröschl ist Mutter zweier Schulkinder. Sie ist Chefredakteurin des Fachmagazines "Coaching". Davor hat sie u. a. für 2 F.A.Z.-Tochterunternehmen und als Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg gearbeitet.