Hochbegabung – Fallstricke kennen und vermeiden

Hochbegabung – Fallstricke kennen und vermeiden

Sportlich oder musisch talentierte Kinder finden in Deutschland mittlerweile ein etabliertes Fördersystem vor. Dagegen stehen intellektuell Hochbegabte oft ziemlich allein und ratlos da. Häufig fehlen entsprechende Institutionen. Daher müssen betroffene Eltern selbst handeln, damit ihr Kind nicht auf einem viel zu niedrigen Niveau stehen bleibt!

Lange Zeit galt die allgemeine Annahme, dass sich hochbegabte Kinder aufgrund ihres Intellekts ganz allein und unter allen Bedingungen erfolgreich entwickeln würden. Doch neben dem geistigen Potenzial benötigen überdurchschnittlich begabte Kinder auch Motivation beim Lernen, Übung und ein förderliches Umfeld, um die entsprechenden Leistungen zu zeigen und nicht als hochbegabte Leistungsverweigerer zu resignieren.
Dabei muss eine individuelle Behandlung erfolgen, die auf die Gesamtpersönlichkeit des intellektuell begabten Kindes und seine besonderen Bedürfnisse eingeht. Familie und Schule nehmen dabei einen ganz zentralen Platz ein: Hier sollte das hochbegabte Kind entscheidend gefördert werden.

Nutzen Sie das Potenzial Ihres Kindes in der Familie

Eine ausführliche fachpsychologische Untersuchung hat Ihre Vermutungen bestätigt, dass Ihr Kind hochbegabt ist? Sie wissen, dass der Umgang mit besonders intelligenten Kindern oft nicht gerade einfach ist. Selbstbestimmung und Eigenwille sind bei ihnen oft schon sehr ausgeprägt. Doch wie gehen Sie die Förderung konkret an? Auch außerhalb der Schule sollten Sie als Eltern Ihr hochbegabtes Kind in allen Belangen fördern. Vor allem müssen Sie ihm vermitteln, dass seine Begabung voll von Ihnen akzeptiert wird und keine Last bedeutet. Bremsen Sie nicht seinen Lerneifer, lassen Sie aber sein Tempo beim Lernen selbst bestimmen. Fördern Sie die Stärken Ihres hochbegabten Kindes, arbeiten Sie an seinen Schwächen, quälen Sie es aber nicht damit. Ganz wichtig: Ermöglichen Sie ihm ausreichend Zugang zu Büchern, Computer und Software, damit können Sie sich auch selbst entlasten. Nutzen Sie dazu außerschulische Angebote wie zusätzliche Fremdsprachenkurse, Computerkurse, Schach-Klubs, Uni-Veranstaltungen für Kinder, aber auch in Sport, Kunst oder Musik.

Sorgen Sie für mehr Akzeleration und weniger „Wunderkind“-Status

Bei intellektuell hochbegabten Schülern können Langeweile und fehlende Anerkennung zu mangelnder Motivation und Schulunlust führen. Werden diese Kinder dagegen ihrer Begabung entsprechend gefördert, können sie sich zu kreativen, leistungsmotivierten und sozial engagierten Persönlichkeiten entwickeln.
Im schulischen Unterricht bestehen viele Möglichkeiten der Förderung Ihres hochbegabten Kindes, die zum Teil nur einen geringen Mehraufwand für die Schulleitung und die Lehrkraft bedeuten. Wichtige Instrumentarien sind dabei die Akzeleration (Beschleunigung) der Schulzeit durch Überspringen einer oder mehrerer Klassen und das Anreichern durch zusätzliche Fördermaßnahmen über den normalen Schulstoff hinaus. Dabei soll versucht werden, Ihr Kind – und seine Interessen – in die Gemeinschaft zu integrieren und für Verständnis bei den Mitschülern zu werben. Außerdem soll der Unterricht in einzelnen Fächern auch in höheren Klassen ermöglicht werden. Die Lehrkraft kann Ihrem Kind Sonderaufgaben übertragen, die nicht nur auf das nächste Schuljahr vorgreifen, sondern zum Beispiel spannende Knobelaufgaben, wie sie von Schulbuchverlagen angeboten werden. Wichtig ist dabei, dass die Aufgaben keinen Strafarbeitscharakter haben und die Leistungen anerkennen, Ihr Kind aber nicht herausstellen. Lehrer können das Kind zusätzlich in ihre Lehrtätigkeit einbinden, indem es beispielsweise schwächeren Kindern beim Lernen und Üben hilft. Dabei soll aber tunlichst vermieden werden, dass es eine Sonderrolle als eine Art Wunderkind erhält.

 

Spezialschulen und Hochbegabtenklassen sind eine gute Wahl

In Deutschland gibt es mittlerweile eine Reihe staatlicher Schulen, die sich der Hochbegabtenförderung widmen, teils mit integrativen Hochbegabtenzweigen an Gymnasien (zum Beispiel die Schulen des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschland e.V.), teils mit Hochbegabtenschulen (wie das Gymnasium „Sankt Afra“ in Meißen). Zudem gibt es Schüler- und Sommerakademien, die sich an besonders begabte, engagierte und interessierte Schüler mit Spaß an Projektarbeit oder intensiver Beschäftigung mit einem Fachbereich richten. Angebote hierzu bestehen meist im Schulverbund und die Kinder werden in der Regel vonseiten der Schule für eine Teilnahme vorgeschlagen. In höheren Klassenstufen bietet sich weiterhin in einigen Städten die Möglichkeit, ein Frühstudium an der Universität zu beginnen. Dieses erlaubt eine individuelle Förderung im Fachbereich der besonderen Begabung und kann durch Anrechnung von Scheinen sogar eine spätere Studienzeit verkürzen.

Bernadette Egger

Expertin für verschiedenste Lern- und Schulthemen, berät seit sechs Jahren Eltern und Erzieher.



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